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Interview mit Frau Gracia und Frau Ullmann

Frau Gracia ist Kitaleiterin in der Kita Ramlerstraße, die zum Träger Kindergärten City (Eigenbetrieb von Berlin) gehört.

Frau Ullmann ist Erzieherin und Ansprechpartnerin für den Bereich Ernährung/Ernährungsbildung in der Kita Ramlerstraße.

Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für die Qualitätsentwicklung im Bereich Essen und Trinken in Ihrer Kita entschieden haben?

Frau Gracia: „Auf Seiten der Eltern und der Kinder besteht ein großer Informationsbedarf. Gesundheit ist ein sehr breit gefächertes Thema, das im Zusammenhang mit dem Thema Essen und Trinken steht. Im Vordergrund steht für uns die Zusammenarbeit mit den Eltern. Es ist wichtig, dass die Interessen der Eltern berücksichtigt werden, vor allem beim Kochen und der Zubereitung landestypischer Gerichte. Gerade die Mütter werden miteinbezogen, da das Kochen oftmals eine ihrer Hauptaufgaben und „ihre Welt“ ist. Ein Anliegen war auch das Thema Frühstück, da die Kinder oft mit ungeeigneten Lebensmitteln in die Kita kommen. Unser Hauptanliegen ist es, ein frisches, gesundes Mittagessen auf den Tisch zu zaubern.“

Frau Ullmann: „Es herrscht großes Interesse auf Seiten der Kinder an den Nahrungsmitteln. Wir kochen regelmäßig mit den Kindern, wobei das Ganze in Gruppen organisiert wird, so dass alle drankommen und verschiedene Speisen ausprobieren können. Und wenn mal etwas nicht gelingt oder nicht klappt, dann wird es eben nichts. Das ist überhaupt nicht schlimm, denn auch das führt zu einem Lerneffekt.“

Wie hat sich Ihr Hauptziel, wieder in der eigenen Küche zu kochen, bis jetzt bewährt?

Frau Gracia: „Es hat sich absolut bewährt. Die Qualität ist eine andere, eine viel bessere geworden. Das Essen kommt jetzt heiß auf den Tisch und man hat direkten Einfluss auf den Speiseplan. Vorrangig kümmert sich unsere Köchin darum, sie konzipiert den Speiseplan und man kann sich auch darauf verlassen. Die Zutaten sind frischer und es wird auf eine entsprechende Zubereitung geachtet, z.B. werden wenig Bindemittel eingesetzt. Geplant ist, dass die Eltern noch mehr miteinbezogen werden, dass die Kinder gefragt werden und dass auch ein(e) Erzieher/-in noch einen Blick auf den Speiseplan wirft.“

Frau Ullmann: „Einmal im Monat finden auch Treffen in einer Runde, bestehend aus Köchin und Leitung, statt .Im Sinne von Partizipation ist geplant, auch einzelne Kinder teilnehmen zu lassen. Der Speiseplan wird besprochen unter Berücksichtigung der kulturellen Besonderheiten, wie z.B. rote Linsensuppe, Bulgursalat oder Kichererbsensuppe. Es gibt nur Rindfleisch und Hähnchenfleisch, kein Schweinefleisch. Zudem kann eine vegetarische Variante gewählt werden.“

Wird noch regelmäßig am „Runden Tisch“ über das Thema Essen und Trinken gesprochen und wenn ja inwiefern?

Frau Gracia: „Durch einen Personalwechsel fand der “Runde Tisch“ nicht so regelmäßig statt. Trotzdem gibt es immer wieder Gespräche, damit Transparenz geschaffen wird. Auch Gespräche zwischen Kindern und Küche sind wichtig, um zu vermitteln, ob es geschmeckt hat oder nicht. Dieses Feedback zum Essen kann schriftlich erfolgen, indem es durch die Erzieher/-innen aufgeschrieben und an die Küche weitergeleitet wird. Auch die Köchin fragt persönlich in den Gruppen nach. Es ist ein großer Zugewinn eine eigene Küche zu haben.“

Wie kommt das Essen bei den Kindern an und wie beurteilen die Eltern die Entscheidung zur eigenen Küche in der Kita?

Frau Gracia: „ Die Resonanz ist gut, das Essen kommt bei allen gut an. Die Schüsseln sind immer leer und es ist genug da, es wird nicht zu knapp gekocht. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man reinkommt und es schon nach Mittagessen riecht. Auch für die Eltern ist eine gute Versorgung sehr wichtig und trägt zum Wohlbefinden Aller bei.“

Frau Ullmann:  „Auf Nachfragen äußern sich die Eltern positiv .Viele Eltern stehen mit ihren Kindern zusammen am Speiseplan und schauen, was es gibt und sprechen darüber. Zur sprachlichen Unterstützung ist angedacht, Speisen zu fotografieren, um dann mit den Bildern arbeiten zu können.“

Haben Sie derzeit neue Ziele aufstellen können und wenn ja welche sind das?

Frau Gracia: „Unsere Vision ist, das eigene Frühstück wieder ins Leben zu rufen. Ein Konzept muss entwickelt und abgestimmt werden. Zu berücksichtigen sind auf der einen Seite die finanziellen Mittel, die bereitgestellt werden müssen und auf der anderen Seite die personellen Kapazitäten. Unsere Köchin könnte das leisten und würde es auch anbieten. Sie ist flink und es wäre auch keine riesige Auswahl, die angeboten werden soll. In der Vergangenheit gab es für das Frühstück schon Thementage, z. B. gab es an einem Tag Müsli, am nächsten Tag Vollkornbrot und –brötchen, danach Knäckebrot mit Belag und Gemüse bzw Obst. Alles war übersichtlich, vollkommen ausreichend und die Kinder konnten ihr Müsli auch selbst zusammenstellen. Unser Wunsch ist es auch, die Eltern und Kinder dabei einzubinden, um alles aktiver zu gestalten.“

Beim Thema Essen und Trinken geht es auch darum Lernanlässe wahrzunehmen und diese zu integrieren. Durch welche gezielten Maßnahmen schaffen Sie eine Verknüpfung zur Ernährungsbildung?

Frau Ullmann: „Die Verknüpfung findet bei jeder Mahlzeit statt, denn es wird mit den Kindern besprochen, welche Lebensmittel auf den Tisch kommen und vor allem wo sie herkommen. Es bedarf jedoch vieler Wiederholungen bei den Begrifflichkeiten, obwohl alles plastisch da ist. Die Schüsseln und Kellen werden auf dem Tisch platziert, so dass die Kinder selbst entscheiden können, was und wie viel sie essen. Sie werden auch bei den Abläufen involviert, indem sie zum Beispiel den Tisch decken oder den Wagen holen und wegbringen. Dafür gibt es einen Plan, aus dem hervorgeht, welche zwei Kinder jeweils an der Reihe sind. Die Lebensmittel werden gezielt besprochen, die Sinne werden geschult, indem sie riechen, fühlen und schmecken. Um die Feinmotorik zu verbessern, wird mit den Kindern im Rahmen der Ernährungsbildung in den Gruppenräumen mit der mobilen Küche gearbeitet, wo sie rühren und schnippeln dürfen. Es werden immer wieder andere Schwerpunkte gesetzt, z.B. verschiedene Geschmacksrichtungen, wie süß oder salzig, Einkauf mit Kindern etc. Man sollte sie selbstständig Dinge tun lassen, wobei immer im Wechsel andere Kinder miteingebunden werden, so dass jeder dran kommt.“

Was würden Sie anderen Kitas raten oder empfehlen, die Ihre Verpflegungssituation ebenfalls verbessern möchten?

Frau Gracia: „An Visionen festzuhalten, man sollte hartnäckig sein und sie zur Umsetzung bringen. Wer keine eigene Küche hat, es aber wünscht, sollte es angehen und sich entsprechende Partner suchen, um das Ganze zu realisieren. Wichtig ist, insbesondere die Unterstützung vom Träger zu holen und gemeinsam Fragen zu klären wie: Wie steht es um die Finanzen?, Ist die personelle Situation angemessen?, Ist bereits eine Küche vorhanden? Alle Beteiligten müssen ins Boot geholt werden, wenn ein Plan Erfolg haben soll.“

Frau Ullmann: „Ich würde raten, einfach Dinge auszuprobieren, keine Angst vor Fehlern oder Rückschlägen zu haben. Mit anderen Sichtweisen oder Aspekten an die Angelegenheiten heranzugehen, wenn es nötig ist. Dazu sind die „Runden Tische“ mit allen Beteiligten gut. Dadurch ist der Prozess für alle offen einsehbar.“

 

Das Interview führte Kristina Poppe, Praktikantin der Vernetzungsstelle im Rahmen des Studiums der Oecotrophologie an der Hochschule Anhalt, am 07.05.2014.

   

Die Mobile Esswerkstatt, eine Leihgabe der AOK Nordost und der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin.

Kita Ramlerstraße
  • Insgesamt 185 Kinder, davon 12 Gruppen mit je 16-17 Kindern (Anteil der Kinder nichtdeutscher Herkunft: 99%)
     
  • Das Frühstück wird von den Kindern mitgebracht
     
  • Mittagsverpflegung erfolgt in der Produktionsküche vor Ort und wird im Schüsselsystem serviert
     
  • Ein Übungsküchenbereich ist vorhanden

www.kindergaerten-city.de/ramlerstr-9-10