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Berliner Fachtag „Kitaverpflegung als ein Beitrag zur Inklusion"

Kita-Träger, Kitaleitungen, Erzieher/innen und Küchenfachkräfte besuchten am 18.06.2018 den Fachtag, den die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin e.V. in Kooperation mit dem Berliner Landesprogramm "Kitas bewegen - für die gute gesunde Kita“ und im Rahmen der ersten bundesweiten Tage der Kitaverpflegung in Kooperation mit IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung durchführte.

Ziel des Fachtages war es, fachliche Impulse zu geben und den Austausch zwischen Expert*innen und Praktiker*innen zum Thema „Kitaverpflegung und Inklusion“ zu ermöglichen und dabei religiöse Aspekte ebenso zu berücksichtigen wie kulturspezifische Ess¬gewohnheiten, Allergien- und Lebensmittelunverträglichkeiten, aber auch Fragen zur Ausprägung eines gesundheitsfördernden Lebensstils in der Kita, unabhängig von sozialer Herkunft.

Mit einem Grußwort des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eröffnete Dr. Juliane Bojahr den Berliner Beitrag zu den bundesweiten Tagen der Kitaverpflegung 2018. Claudia Peil begrüßte die Teilnehmenden im Namen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Sie betonten die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Verpflegung in Kitas und die Möglichkeit, auch in der Kita, über das Thema „Essen und Trinken“ mitein¬ander ins Gespräch zu kommen. Besonders dann, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zusammen kommen. Zusätzlich biete das Thema „Essen und Trinken“ die Chance zu (ess-) kultureller Vielfalt und der Förderung der inklusiven Kompetenz aller an Kita-Beteiligten.

Dr. Ernestine Tecklenburg, Referatsleitung Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicher-ung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), erläuterte in ihrem Impuls¬vortrag „Interkulturelle Kompetenz bei der Speisenplanung in der Kita als Beitrag zur Inklusion“ zunächst den „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder“ als Orientierungsrahmen für die Speisenplangestaltung. Anschließend ging sie auf die unterschiedlichen kulturellen und religiösen Vorschriften ein, erklärte wie diese bei einer qualitativ hochwertigen Ernährung berücksichtigt werden können und welche Chancen und Grenzen es dabei für die Gemeinschaftsverpflegung gibt.

In ihrem Impulsvortrag „Interkulturelle Kompetenz – Mit allen Eltern im Dialog über gesunde Ernährung“ zeigten Milena Hiller vom Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung (BeKi) und Štěpánka Busuleanu vom Projekt „Dialog schaffen“ im Institut für den Situationsansatz (ISTA) wie wichtig ein gemeinsames Verständnis und die Kenntnisse über Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen ist und warum das eine wichtige Grundlage für ein gemeinsames Miteinander ist. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass „Essen und Trinken“ die Chance bieten, kulturelle Vielfalt im Kita-Alltag zu erleben und zu fördern.

Der dritte Impulsvortrag griff das Thema Nahrungsmittelallergien und Lebensmittel-unverträglichkeiten auf. Mandy Ziegert, Diätassistentin und Multiplikatorin des Deutschen Allergie- und Asthmabundes verdeutlichte noch einmal, dass in Deutschland nur 3,7% der Erwachsenen und 4,2% der Kinder an einer Nahrungsmittelallergie leiden. Deutlich weniger als die Mehrheit der Bevölkerung schätzen würde, die 20-25% annimmt. Zum interkulturellen Verständnis gab Frau Ziegert den Hinweis, dass es wichtig ist, aus welchem Herkunftsland die Familie stammt, da aufgrund der unterschiedlichen Esskulturen auch unterschiedliche Nahrungsmittelallergien und Lebensmittelunverträglichkeiten ausgeprägter sind.

Im Praxisteil des Fachtags hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in zwei Workshoprunden die Fachthemen des Vormittags vertiefend zu bearbeiten:

Im Workshop „Interkulturelle Verpflegung“ von Dr. Ernestine Tecklenburg (DGE) ermittelten die Teilnehmenden in Kleingruppen Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Gestaltung einer ausgewogenen, kindgerechten und interkulturellen Verpflegung und präsentierten diese dann im Plenum. 
In beiden Workshoprunden waren sich die Teilnehmenden über die größten Herausforderungen einig: allen Kindern aller Nationalitäten und mit allen medizinischen Erfordernissen bei der Speiseplangestaltung gerecht zu werden, dabei die Kostendeckung im Blick zu behalten sowie Qualität und Vielfalt zu gewährleisten.
Als Unterstützungsmöglichkeiten wünschten sich die Teilnehmenden Tandem-Fortbildungen für das pädagogische Personal und die Küchenfachkräfte zum Thema interkulturelle Speiseplangestaltung und Fortbildungen zur Kommunikation und Partizipation mit Kindern und vor allem Eltern hinsichtlich der Gestaltung des Speisenplans.

Im Workshop „Fragen zur Vereinbarkeit von verschiedenen Speisenvorschriften im pädagogischen Zusammenhang“ diskutierte Gülnur Basgöl vom Familienzentrum Bülowstraße mit den Teilnehmenden die Frage „Wo liegen Grenzen und Chance in der Kommunikation des Speiseplans zwischen Einrichtung und Eltern bzw. Küche und Einrichtung? Zunächst wurde die Frage in Kleingruppen diskutiert und anschließend im Plenum präsentiert. 
Neben der sprachlichen Barriere als einer Herausforderung, waren sich die Teilnehmenden einig, dass die Akzeptanz des Speiseplans bei den Eltern insbesondere wegen der Häufigkeit der vegetarischen Gerichte problematisch ist.
Lösungsansätze wären hier zum Beispiel, den Speiseplan mit Fotodokumentationen oder anderen Darstellungen für alle verständlicher zu gestalten oder Kinder und deren Eltern bei deiner Erstellung partizipativ mit einzubinden und somit ein gemeinsames Grundverständnis für eine vollwertige und kindgerechte Ernährung zu schaffen.

Mandy Ziegert, Diätassistentin und Multiplikatorin des Deutschen Allergie- und Asthmabundes beantwortete im dritten Workshop „Inklusion: Nahrungsmittelallergien und Lebensmittelunverträglichkeiten“ Fragen der Teilnehmenden aus ihrem Kitaalltag, vermittelte Hintergrundwissen und gab Hilfestellung für Lösungsansätze. 
Am Beispiel „Hühnerei-Allergie“ wurde die Wichtigkeit der Kommunikation und der Vertrauensbildung zwischen pädagogischen Fachkräften, Küchenpersonal und Eltern gezeigt, da 80 % der Kinder mit einer Hühnereiallergie gebackenes oder durchgekochtes Ei gut vertragen und die Allergie meist nach den ersten 2 Jahren wieder verschwindet. In diesem Zusammenhang beantwortete Frau Ziegert auch die Frage „Wie oft sollten Eltern ein Attest vom Arzt mitbringen?“. Dies sei abhängig von der jeweiligen Allergie oder Unverträglichkeit. Es gibt Allergien die nach 1-2 Jahren bei den meisten Kindern wieder verschwinden (Milch- und Eiallergie) und andere bleiben ein Leben lang. Dazu gehört zum Beispiel die Erdnussallergie. Abschließend wurde das Thema Anaphylaxie besprochen und noch einmal betont, dass eine Schulung für das Personal empfehlenswert sei. Zum einen für die Vertrauensbildung bei den Eltern, aber auch um im Ernstfall gut auf die Situation vorbereitet zu sein.

Abschließend wurden alle Workshopleiterinnen von Frau Schulz-Greve von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin e.V. gebeten, ihre Workshops kurz zusammenzufassen und ein Fazit daraus abzuleiten. In allen drei Workshops wurden als Herausforderungen die fehlende personelle Ressource insbesondere mehrsprachiger Kollegen*innen, die mangelnde Zeit und die Finanzierung gesehen. Als Unterstützungsmöglichkeiten wünschten sich die Teilnehmenden mehr Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich Kommunikationskompetenz, Ernährungsbildung und Lebensmittelkunde, aber auch Unterstützung bei der Erstellung von mehrsprachigem Informationsmaterial im Bereich Speiseplangestaltung und Ernährung.

Ein weiterer Höhepunkt am Ende der Veranstaltung war die Verlosung der 20 „Kita Ideen Boxen – Entdecke die Welt mit Krümel und Klecksi“ unter den teilnehmenden Kitas.

Die Informationen und Ergebnisse vom Fachtag und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen für die Praxis werden in einer Broschüre von der Vernetzungsstelle im Herbst veröffentlicht und als Download auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellt.

Im Namen der Vernetzungsstelle dankte Sabine Schulz-Greve allen beteiligten Akteuren für den engagierten Austausch.

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